Aus dem Protokollbuch des Schützenvereins Hattrop.
Niedergeschrieben vom damaligen Schriftführer Wilhelm Meerkamp (Lehrer der Volksschule Hattrop) überarbeitet von Dirk Jasper.
Vorwort
In den Wirren des zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit gingen unermeßliche Werte verloren. Von solchem Verlust blieb auch unser Verein nicht verschont.
Materielle Güter können wieder ersetzt werden. Das kostbarste Gut aber, das Leben unserer vermißten und gefallenen Kameraden, wird uns nie wieder geschenkt werden können. Ihre Namen stehen in diesem Buch verzeichnet. In Gedanken an sie sollen die folgenden Blätter vom Leben unseres Vereins künden, den Lebenden zur Erinnerung, den Zukünftigen aber zur Mahnung, die hehren Werte der Kameradschaft und Opferbereitschaft, die Liebe zur Heimat, Volk und Vaterland höher zu stellen als eigennütziges Streben.
Zur Geschichte unseres Vereins
In der Welle des nationalen Aufbruchs nach den Befreiungskriegen oder nach der Gründung des Bismarckreiches entstanden, haben es die Schützenvereine als ihre vordringliche Aufgabe angesehen, die Liebe zum Vaterland, die Treue zur Heimat, das Festhalten an altem überliefertem Brauchtum und die Geselligkeit in der dörflichen Gemeinschaft zu pflegen. Die brüderlichen und kameradschaftlichen Bande der Schützen untereinander sollten sich nicht nur bei festlichen Gelegenheiten zum Wohle der Dorfgemeinschaft auswirken. Ohne Rücksicht auf die konfessionelle Zugehörigkeit oder die parteipolitische Einstellung konnte jeder Mann, der den Willen zeigte, sich in die Gemeinschaft des Dorfes einzufügen, im Schützenverein einen Ort für seine Betätigung finden.
Mit solcher Gesinnung haben die Schützen unserer Gemeinde Jahr um Jahr ihr Fest gefeiert. Und man verstand zu feiern, das bewies nicht nur der Besuch aus der Stadt Soest und den Nachbargemeinden. Das wurde noch stärker dadurch bekundet, dass sich die Söhne und Töchter unseres Dorfes, mochten sie noch so weit von ihrem Heimatort entfernt wohnen, zum Schützenfest in großer Zahl wieder einfanden. Das Schützenfest ist ein Quell der Freude für alle, die nur die Gabe besaßen, aus diesem Quell zu trinken und selbst Freude zu schenken.
Das wechselvolle Schicksal unseres Vaterlandes hat die Entwicklung unseres Vereins entscheidend mitbestimmt. In gleichem Maße, wie die Schützen freudigen Anteil nahmen an den Höhepunkten unseres nationalen Lebens, so fühlten sie sich dem Vaterland in Zeiten der Not und Gefahr schicksalhaft verbunden. Das Glück des Vaterlandes war ihr Glück, und dessen Not und Schmach war die ihre.
Im ersten Weltkriege hatten teure Söhne unseres Dorfes ihren Mut und ihre Opferbereitschaft ruhmvoll unter Beweis gestellt. Der Verein, in seinen Reihen durch die große Zahl von Gefallenen und Vermissten stark gelichtet, hat ihrer stets dankbar und würdig gedacht. Ihr Verlust wirkte schmerzlicher als der Verlust materieller Werte, der durch Krieg und Inflation entstand.
Doch das Vereinsleben erblühte neu. So konnte der Verein im Jahre 1929 unter großer Beteiligung des Dorfes, mehrer Nachbarvereine und zahlreicher Besucher aus nah und Fern sein 100-jähriges Schützenfest begehen.
Nach 1933 blieben die Schützenvereine weiter bestehen, und ihre Feste wurden wie bisher gefeiert. Mochten sich auch manche äußere Formen ändern und zu den alten Fahnen, Symbolen und Liedern neue treten, das Schützenfest blieb doch was es war: Ein Fest der dörflichen Gemeinschaft, das seit Generationen fest im Brauchtum des Dorfes verwurzelt war.
Der zweite Weltkrieg kam. Hattrops Männer zogen ins Feld. In fast sechsjährigem Ringen ließen brave Väter und Söhne unseres Dorfes –Mitglieder unseres Vereins- für Volk und Vaterland ihr Leben. Noch heute, sieben Jahre nach Beendigung des grauenvollen Ringens, leben Frauen und Mütter unseres Dorfes in bangem Zweifel über das Schicksal ihrer Angehörigen. Es ist unser aller Wunsch, dass sie ihre Heimat wiedersehen mögen. Bei allem, was wir als Schützenbrüder tun und erleben, werden sie in unserer Mitte sein. Ihre Namen stehen an besonderer Stelle dieses Buches verzeichnet.
Der Krieg zog über unser Dorf hinweg. Von den Tagen des allgemeinen Wirrwarrs der letzten Kriegswochen wurde auch unser Verein stark betroffen. Die neue Fahne wurde entwendet. Von Bänken und Tischen ging ein Teil verloren. Das noch vorhandene geringe Barvermögen des Vereins fiel der Sperre anheim. Bei der Währungsreform schmolz es auf einen kaum nennenswerten Betrag zusammen. Der Schießstand, im Jahre 1938 unter großem Einsatz aller Kameraden erbaut, ein Werk, auf das der Verein besonders stolz sein konnte, wurde als Wohnraum belegt.
Nur allmählich begann sich in der näheren und weiteren Umgebung das Vereinsleben wieder zu regen. Es waren zunächst die Schützenbruderschaften, die seit 1947/1948 etwa ihre Feste wieder regelmäßig feierten. In unserem Dorfe war die Zeit dazu noch nicht gekommen. Zu stark lastete auf vielen Familien die seelische Not der vergangenen Jahre. Mochte auch inzwischen ein Teil der noch in Gefangenschaft befindlichen Kameraden in die Heimat zurückgekehrt sein, die Lücken, die der Krieg gerissen hatte, waren zu groß. Als jedoch im September 1948 ein Erntefest veranstaltet wurde, dessen Ausgestaltung in Händen des Singekreises lag, haben der alte Vorstand unter Führung des Hauptmannes Dietrich Rocholl und anderer Männer unseres Vereins durch ihre tatkräftige Unterstützung das Gelingen dieses Festes erst ermöglicht. Es muss an dieser Stelle gesagt werden, dass der Schützenverein dem Singekreis in der Folgezeit mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat.
Der Wunsch, den Schützenverein wieder in Erscheinung treten zu lassen, nahm nun immer mehr Gestalt an. Am 22. Januar 1949 hatten sich in großer Zahl die alten Schützenbrüder und interessierte junge Männer im Lokale Twittmann eingefunden. Es wurde der einstimmige Beschluss gefasst, das Schützenfest wieder wie zuvor zu feiern. Die Führung des Vereins übernahm der langjährige Schützenhauptmann Dietrich Rocholl, trotz der Sorge um den in Russland einem ungewissen Schicksal entgegensehenden einzigen Sohn. In gleicher Weise stellen sich die ehemaligen Vorstandsmitglieder einmütig der Arbeit zur Verfügung. Als Festplatz wählte die Versammlung die Weide des Hauptmanns, auf der auch in den weiteren Jahren die Feste gefeiert werden. Die Musik sollte die Kapelle Otto Topp aus Ostönnen ausführen. Die Schenke wurde Frau Ww. Twittmann übertragen.