Geschrieben von Wilhelm Meerkamp Schriftführer im Jahre 1959, aufgearbeitet von Dirk Jasper
Es fällt dem Chronisten nicht leicht, auch mit geübter Feder all den Glanz und die Freude, die drei Tage lang unsern sonst so friedlichen Schützenbezirk überstrahlten, zu schildern. Zu zahlreich und inhaltsstark sind die vielfältigen Eindrücke, und es möge mir gnädigst verziehen werden, wenn ich einmal Personen und Tatsachen nicht in der gebührenden Weise berücksichtige oder es gar unterlasse, sie zu nennen. Alle Vorbedingungen waren zu einem guten Feste erfüllt – nicht zuletzt trug dazu auch der strahlende Sonnenschein bei, der uns all die Tage über erquickte und den nach kühlem Nass lechzenden Teilnehmern und Besuchern immer neue Anregung gab.
Wie man hört, soll sogar der sonst so nüchterne und sachliche Vereinswirt Helmut ein Dankgebet zum Himmel geschickt haben. Wir können wohl alle genugtuend bestätigen, dass sich das ganze Haus Twittmann-Brotte-Heinrichs-Wesemann mit Anhang große Mühe gab, uns in jeder Weise zufriedenzustellen.
Eine stattliche Zahl treuer Helfer – Bänkefahrer, Laubholer – Zeltfahrer fand sich am Donnerstagabend zur letzten großen Dienstbesprechung im Lokale Twittmann ein.
Ja, bei der Männer weisem Wort
Läuft die Zeit recht munter fort.
Ehe man sich`s wohl bedacht,
zeigt die Uhr schon Mitternacht.
Am Freitagabend fand sich eine recht starke Schützenschar zur Einnahme der verordneten Schießmedizin bei Twittmanns ein. Unter Vorantritt des Trommlerkorps Borgeln und der Kapelle A. Schmidt ging es dann zum Festplatz. Recht bald gingen die Schützenkameraden dem auf einsamer Höhe thronenden, von fachkundigen Kräften meisterhaft gearbeiteten Adler zur Leibe. Es dauerte eine geraume Zeit, bis die Insignien Krone, Apfel und Zepter geschossen waren. Die Schützenbrüder K. Potthast und Heinrich Jasper (jun.) Krone, Werner Bücker, Apfel und Fritz Coers, Zepter, teilten sich den Ruhm, in diesem Jahre die Meisterschützen des Vereins genannt zu werden.
113 Schuss warten bereits abgefeuert worden, als Oberleutnant Ernst Wiggerich ein größeres Kaliber auffuhr. Er musste sich schließlich der Jugend beugen, vertreten durch unseren Schützenbruder Heinrich Brinkmann, jun., de mit zwei wohlgezielten Schüssen klaren Tisch machte und die letzten Überreste von der Stange putzte. Zur Mitregentin erkor er sich, wer hätte es wohl anders erwarten können, Fräulein Helga Rademacher, die Tochter unseres Hauptmanns Karl Rademacher.
Kurz darauf zog eine muntere Schützenschar, begleitet von zahlreichen Schaulustigen, durch das Dorf, in der Spitzengruppe Heinrich de Alte und Heinrich der Neue, flankiert von den beiden Königsoffizieren Heinrich und Heinrich und gefolgt von Heinrich aus der Feldmark und Heinrich aus dem Dorfe, den beiden Königsvätern. Beim Schützenbruder Fritz Coers, der an den beiden kommenden Tagen ein treuer Gewehrverwalter war, beim Exkönniginnenhaus Hagen-Neise und beim Major Dietrich Rocholl gab es eine hochprozentige Stärkung. Hauptmann Karl Rademacher dankte allen Gastgebern für die hochherzige Spende.
Eine frohe Festgemeinschaft verlebte anschließend vor und nach der Krönung des neuen Königspaares und der Vorstellung des Hofstaates recht vergnügte stunden.
Der Sonnabendmorgen sah ein ganzes Dorf beim freudigen Werken, wovon nicht nur die geschmückten Wagen und die zahlreichen Girlanden, sondern auch treffende Schilder am Mersch und hinter der Mauer an der alten Schule zeugten..
Nach der Begrüßung durch den Hauptmann zog ein stattlicher Schützenzug mit gezogenem Degen und geschultertem Gewehr zum Königshause Brinkmann in der Feldmark. Dort begrüßte König Heinrich mit launigen Worten die Schützenkameraden und lud sie zu dem traditionellen Imbiss und Umtrunk ein. Der Hauptmann dankte dem ganzen Hause Brinkmann für die prächtige Bewirtung und für die dem verein in langen Jahrzehnten bewiesene Treue. Nach einer Stärkung im Hause Hagemann – Scholz dankte auch hier der Hauptmann für die liebevolle Gabe. Auf dem Festplatz angelangt, richtete Schützenkamerad Meerkamp Worte des Dankes an die besonders herausgestellten Jubilare, die für 40, 50 und 60-jährige Mitgliedschaft geehrt werden sollten. Hauptmann Rademacher heftete sodann unserem langjährigen Vereinsführer, Major Dietrich Rocholl, das Goldene Ehrenzeichen an die Brust und wies dabei auf die Verdienste hin, die sich Major Rocholl im Dienste des Vereins in langen Jahren erworben hat. Mit herzlichem Dank an den Hauptmann und den ganzen Verein wandte sich Major Rocholl nun an die Jubilare, denen er für die treue Unterstützung während der letzten Jahrzehnte dankte. Er bat aber auch, die in der Erde ruhenden und noch immer nicht zurückgekehrten Kameraden nicht zu vergessen. Zu ihrer Ehre erklang das Lied vom Guten Kameraden.
Sodann übergab der major den Jubilaren, an ihrer Spitze die beiden 60-jährigen Jubilare Dietrich Wilms und Wilhelm Hengst das Treuezeichen. Das Deutschlandlied beschloss die würdige Feierstunde.
Am Nachmittag ermittelten die einheimischen Damen ihre Knüppelkönigin. Elisabeth Neise gelang der große Wurf. Zum Mitregenten erkor sie sich den Schützenkameraden Werner Bücker. Eine Torte, gestiftet vom Bäckermeister Kohlhage, war die rechte Belohnung für die große Anstrengung.
Nicht minder heiß ging es beim Königsschießen der Kinder zu. Nach hartem Kampf errang Anita Lamek, Tochter unseres Schützenkameraden Johannes Lamek, die Würde einer Kinderkönigin. Zum Mitregenten erwählte sie sich ihren Schulkameraden Günther Eck, Sohn unseres Schützenkameraden Walter Eck. Die Kinder wurden durch Süßigkeiten, 70 vom Bäckermeister Blume, Schwefe, gestiftete Berliner und durch eine Eisspende des Königinnenvaters wahrhaft königlich belohnt. Namens der Schulkinder darf ich mich als ihr Lehrer für das hochherzige Entgegenkommen aller Spender herzlich bedanken. Das frühe Heranziehen der Jugend an die Gemeinschaft, wird sicher in der Zukunft ihre reichen Früchte tragen.
Gegen Abend setzte dann ein Besuch ein, wie wir ihn uns schon seit Jahren gewünscht hatten. Mitunter hatten die Schützenkameraden, die den Kassendienst versahen, alle Hände voll zu tun. Es darf hier ehrend erwähnt werden, dass diese Kameraden dem Kassierer die Arbeit sehr erleichtern, und es kann auch noch gesagt werden, dass einige Kameraden ihre Fähigkeiten als Werbe- und Empfangschef glänzend unter Beweis stellen. Recht stark war der Besuch aus den Nachbarvereinen, vor allem aus Schwefe und Hattopholsen-Dörmen. Aber dank der guten Vorarbeit unserer Kameraden Heinrich Jasper und Albert Müller konnte allen Besuchern eine intakte Sitzgelegenheit geboten werden. Bis in die frühen Morgenstunden herrschte unter den Zelten ein ungetrübtes Treiben.
Welch festliches Bild bot sich dem betrachtenden Auge das, als die Schützenbrüder am Sonntagnachmittag in weißen Hosen auf dem Festplatz erschienen – erneut hatte Schützenkamerad Leutnant Lammert seine Weide zur Verfügung gestellt. Unter Vorantritt eines gut aufeinander eingespielten Klangkörpers, geführt vom Hauptmann Karl Rademacher, dem Adjutant ernst Risse ein unermüdlich sorgender Begleiter war, gefolgt von der fahne mit dem umsichtigen Fahnenträger Werner Scholz und seinen beiden Begleitern Leutnant Ernst Wiggerich und Leutnant Karl Wilms, in den Zügen stramm zusammengehalten von unseren beiden Zugführern Hauptmann Heinrich Brinkmann und Leutnant Heinrich Lammert, zogen die Schützen zum Königinnenhause Rademacher. Dort erwartete sie das Königspaar, flankiert von den beiden Königsoffizieren und umgeben vom Hofstaat und der Familie Rademacher. Nach einer ebenso herrlichen Einladung wie am Vortage ließen sich die Schützenkameraden die ihnen gereichten Gaben prächtig munden. Der inzwischen eingetroffene Major dankte dem Königspaar und der Familie Rademacher recht herzlich für die gastvolle Aufnahme.
Viele Hunderte von Schaulustigen erlebten sodann einen Festzug, wie er wohl selten in unserem Dorfe gesehen worden ist. Den krönenden Abschluss bildete eine mustergültige Parade. Auf dem Festzelt dankte Hauptmann Rademacher noch einmal für die so zahlreiche Beteiligung beim Umzug. Er legte den Schützenkameraden recht warm ans Herz, die Liebe zur Heimat, Volk und Vaterland nicht versiegen zu lassen, eingedenk der mahnung am Schluß des von ihm zitierten Gedichtes:
Und handeln sollst du so
als hinge von Dir und Deinem Tun allein
das Schicksal ab der deutschen Dinge
und die Verantwortung wär Dein.
Zur Bekräftigung dieses Wollens sang die große Festgemeinde das Deutschlandlied.
Nachdem Major Rocholl noch die aus der Ferne herbeigeeilten Schützenkameraden, insbesondere unseren Kameraden Heinrich Becker-Horst, begrüßt hatte, nahm das bunte Treiben seinen Fortgang. Die fremden Damen ermittelten ihre Knüppelkönigin, und diese wurde für ihre Mühe durch eine dankenswerter Weise vom Bäckermeister Vock gestiftete Torte belohnt.
Och einmal erlebte eine frohe Festgemeinde schöne Stunden, bis dann weit nach Mitternacht zum Aufbruch geblasen wurde. Der Klang einer müden Posaune wiegte so manchen Hattroper in den frühen Morgenstunden in den wohlverdienten Schlaf. Wahrlich, ein prächtiges Fest hatte sein Ende gefunden.
Karl Rademacher Wilhelm Meerkamp Ernst Risse Heinrich Brinkmann Heinrich Bücker