Ein Gang durch die Geschichte Hattrops

Auf, zum langen Weg durch die Geschichte ! Gute Unterhaltung und viel Vergnügen.

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Hattropin_gifDer  Homo Hattropiniensis  hinterlässt Spuren

Betrachtet man die archäologischen Funde, die vor Allem in Soest, aber auch an anderen Orten der Nieder- und Oberbörde gemacht wurden, so darf man davon ausgehen, dass es bereits in der Jungsteinzeit (ab 5000 v. Chr.) auch in der Region des heutigen Hattrop schon Anfänge von Siedlungen gegeben haben mag.
Die Lage am lebenswichtigen Wasser, die reichen Wälder und der gute Boden bieten geradezu ideale Lebensbedingungen für jene Zeit, als sich der Mensch vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern weiter entwickelte.
Im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung war die Börde mit Sicherheit bewohnt, lässt sich doch das Steinkistengrab in Hiddingsen auf ungefähr diese Zeit datieren.
Darüber hinaus weisen archäologische Fundstücke, die am Ardey und im Soester Stadtgebiet selbst zu Tage kamen, auf eine weitere Siedlungsperiode ab etwa dem 6. Jahrhundert v.Chr. hin.
Eine erste Salzgewinnung an den "Soestbach"-Quellen ließ die Menschen dort eine größere Siedlung bauen.
Aus den folgenden Jahrhunderten bis zur Zeitenwende sind dann jedoch keine außergewöhnlichen Funde mehr bekannt.
 

Zeitleiste1

 

Als die Römer frech werden lautsprecher

mischt vielleicht auch der Hattroper mit

Es ist durchaus möglich, dass um das Jahr 0 die Bewohner unserer Bauernsiedlung zum kleinen Stamm der Marser gehört haben, jenen Germanen, die einst außerhalb des eigentlichen Römischen Imperiums zwischen Rhein, Ruhr und Lippe siedelten.
Wie überliefert ist, haben die Marser im Verband der Stämme im Jahre 9 n.Chr. am Aufstand gegen die Römer und damit an der berühmten Varusschlacht teilgenommen.
Die Legionen der damaligen Weltmacht wurden bekanntlich unter der Führung des Germanenfürsten und Römischen Emporkömmlings Arminius vernichtend geschlagen:
 

Vare, Vare, redde mihi legiones meas! , soll Kaiser Augustus in Rom getobt haben.
"Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder" 

Eine solche schmachvolle Niederlage kann Rom nicht auf sich sitzen lassen.

 
  "Nemo me impune lacessit"       "Niemand ärgert mich ungestraft."

Im Weiteren erwähnt der Römischen Geschichtsschreiber Tacitus die Marser mehrmals, insbesondere im Zusammenhang mit den nun folgenden Rachefeldzügen des Germanicus, der ab dem Jahre 13 n. Chr. Oberbefehlshaber im Römisch besetzten Rheinland war.
Hineingezogen in dessen Strafaktionen gegen die Germanen, wurden die Marser in einem der Feldzüge gezielt angegriffen:


"Als man gerade das Herbstfest der Göttin Tanfana feierte und die Marser zu betrunken waren, um auf diesen Überraschungsangriff reagieren zu können, wurden alle, ob Männer, Frauen oder Kinder ,ob alt oder jung, von den römischen Legionären getötet"

Wie weiter berichtet wird, führte Germanicus neben seinen 12.000 Legionssoldaten auch noch weitere 26 Kohorten Bundesgenossen und dazu 8 Reiterschwadrone, insgesamt also an die 28.000 Mann, gegen den unvorbereiteten und aus den beschriebenen Gründen nicht ganz verteidigungsfähigen Germanenstamm, zu dem die Vorfahren der Hattroper gehört haben mögen.
Die Feldzüge des Germanicus wurden nach diesen dramatischen Ereignissen sogar noch heftiger, letzlich konnte er aber keinen endgültigen Sieg über die Germanen erkämpfen und so zogen sich die Römer um 16 n.Chr. für immer hinter den Rhein zurück.

"Flet victus, victor interiit" 
"Der Besiegte weint,der Sieger geht zu Grunde"

 

Ein Kommen und Gehen
  Nachdem die Marser nahezu aus dem Buch der Geschichte ausradiert waren, rückten andere Stämme in das nun weniger besiedelte Gebiet zwischen Lippe und Ruhr nach.
Zusammen mit anderen Stämmenn waren die Brukterer weiter nordwestlich ebenfalls vernichtend geschlagen worden und suchten jetzt vor den leichten Höhen des Haarstrangs Zuflucht und Siedlungsraum.
Ihr Stamm wurde wieder größer, sie verbreiteten sich und besaßen letztlich ein Gebiet, das bis zum Rhein reichte und in dessen Bereich sie ihre Siedlungen immer mehr verlagerten.
Die in der Börde gehäuft vorkommenden Ortsnamenendungen -inghausen (-gsen) sind heute noch ein letzter Hinweis auf die Siedlungsgründungen durch sie.
 
Kaum zu glauben,
der Hattroper ein Sachse ?

Da das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr nun von diesen weniger stark bewohnt und und folglich auch weniger gesichert war, wanderten von Norden Volksgruppen der Sachsen, die zu den West-Germanen zählen, nach. 

Auch nach Hattrop ?
Es mag durchaus möglich sein, dass in dieser Zeit der Ort Hat-trop auch seinen Namen bekommen hat.
Einem Deutungsversuch nach findet die Vorsilbe Hat seine Entsprechung in dem Wort Hathu, was soviel wie Kampf bedeutet, die Endsilbe -trop bedeutet im Altsächsischen  so viel wie Dorf.
Hattrop würde also dem Hatho oder Haddo zugesprochen, dem Kampferprobten.
 

Während die Sachsen von Nordosten her nachdrücken, schließen sich ab dem 2. Jahrhundert westlich, entlang der Römischen Grenze, germanische Stämme  zu den Franken ( "Die Kühnen" ) zusammen, darunter die erwähnten Brukterer. Ihr Name lebt noch weiter im Gaunamen "Borahtra", was für das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr stand.
Zunehmend weitet dieser christlich geprägte Stämmebund sein Herrschaftsgebiet östlich aus und fordert letztlich von den schwächeren, gegnerischen Sachsen Tributleistungen.
Zu direkten Untertanen können die Sachsen jedoch noch nicht gemacht werden und so dürfen sie auch (noch) ihre germanische Stämmeordnung und ihre Religion beibehalten.

 

Der Hattroper hat nah am Wasser gebaut

 

Zu dieser Zeit der großen Veränderungen muss man sich das Gebiet zwischen Haarstrang und Lippe noch reich bewaldet vorstellen, nur etwa ein Viertel der Fläche wurde ackerbaulich genutzt, jedoch war die Viehhaltung gerade in der Auenlandschaft der Niederbörde weit verbreitet.

 Die Namenssilbe Hat, von had für Moor oder Sumpf im Namen des Dorfes könnte nach einem anderen Deutungsversuch auf diese feuchten Verhältnisse hinweisen.
    

 
 
Mit Karl ins frühe Mittelalter

Immer wieder vorgetragene Raubzüge der Sachsen auf Fränkisches Gebiet führen letztlich zu den Sachsenkriegen (772-804) unter Karl, den man später den Großen nennen sollte.

Er provoziert gezielt die Sachsen, es kommt zu einem Aufstand durch sie. Die folgenden Kriegshandlungen führen am Ende zur Unterwerfung und Zwangsmissionierung der Aufständischen und Abtrünnigen.

Im Zusammenhang mit diesen Kriegshandlungen und dem Vorrücken der Franken wurde auch das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr christianisiert.


Die St.-Petri Kirche (Alde Kerke), zu der Hattrop von Anbeginn gehört, wird ab 780 die Mutterkirche der Großpfarrei Soest, die von der Lippe bis zum südlichen Arnsberger Wald reicht.

 

Als Höhepunkt dieser Epoche gilt die Kaiserkrönung Karls im Jahre 800.
Mit der Zeit kehrt im Reich der Karolinger eine gewisse Ruhe ein, führt ihr wachsendes Herrschaftssytem doch zu einem gefestigten Kaiserreich, das bis ins 10. Jahrhundert bestand haben sollte.

hellweg


Es war inzwischen ein gut ausgebautes Straßennetz entstanden, nutzte der Kaiser die Wege doch, um mit dem gesamten Hofstaat von Stadt zu Stadt  zu ziehen und Hof zu halten. So stand auch in Soest eine der kaiserlichen Pfalzen.
Der Hellweg entlang des Haarstrangs ermöglicht aber auch einen weiter reichenden Handel, durch den Stadt und Land eine starke Förderung erfahren und zunehmend gefordert waren.

Die Landwirtschaft entwickelte sich, was einen zunehmenden Flächenbedarf nach sich zog. Die Folge ist die Umwandlung weiterer Waldgebiete zu mehr Ackerflächen, so auch um Hattrop.
Der gute Bördeboden ist die Grundlage für das allmählich Wachsen der Ackerbauregion.

 

 

 

Siegel_gifFast  825 Jahre  urkundlich erwähnt

In den Akten der Kölner Erzbischöfe, zu deren Gebiet Hattrop seit der Christianisierung gehörte, ist von weiteren erheblichen Rodungsmaßnahmen im 12. Jahrhundert zu lesen.
In diesem Zusammenhang findet Hattrop 1186 (19. Juli) die erste urkundliche Erwähnung in den Akten des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinzberg. Bereits in den Aufzeichnungen Erzbischofs Anno II. (1056-1075) ist von Einnahmen aus Bewirtschaftungen in der Börde die Rede, war doch zunächst hauptsächlich das Erzstift Köln der größte Grundherr zwischen Haar und Lippe.
In seinem Auftrag verwalteten verschiedene „scultetus“ (Schulten) einzelnen Oberhöfe, zu denen wieder einzelne abhängige Bauernhöfe (Hufen) gehörten.
Der Hattroper Oberhof zählte damals 24 Hufen, nicht nur in Hattrop, sondern auch in den Nachbarorten.
Daneben gab es noch Besitzungen anderer geistlicher und weltlicher Herren und auch freier Bauern, wie die Urkunden berichten.

 

Waren die geistlichen Herren zunächst in fast allen Gebieten bestimmend, kommt es durch zunehmende Verweltlichung der Bischofsämter, durch Verpfändung und Verkauf zum Zerfall der Macht und zur Neuorganisation der Territorien.
So wird Hattrop vom (bischöfl.) Schultheisamt Soest dem neu gegründeten Amt Hovestadt zugeordnet.

Da der erzbischöfliche Einfluss zunehmend weiter schwindet, kommen immer mehr reiche Patrizierfamilien aus Soest in den Besitz Hattroper Höfe, von Kotten oder Ländereien.

Auch in anderen Bereichen werden dadurch die Beziehungen zur benachbarten Stadt immer enger.
Ein Soester Bürgerbuch aus der Zeit um 1400 weist eine Anzahl Bürger „de Hattorpe“ aus, die Familie stellt auch drei Soester Bügermeister .

 

 

Soestfehde1Soestfehde2Soestfehde3Soestfehde4Soestfehde5

 


Fotos:
J.-C. Duflot
Guérard
Frankreich



grafschaft_markEin Sieg, der keiner war

Mit dem Beginn der Soester Fehde (1444–1449) sollte sich die politische Landschaft um Soest radikal verändern. Als Folge der Auseinandersetzung mit den Kölner Bischöfen gelangte die Stadt mit ihrer Börde unter die Herrschaft des Herzogs von Kleve und Mark und damit in eine enge Verbindung zur Grafschaft Mark.
Der Soester Stadtschreiber berichtet  "Von einer groiten Niderlage der Colschen".

Doch was als Sieg gefeiert wurde und noch wird, sollte sich im Weiteren weniger als politischer, sondern vielmehr als folgenschwerer wirtschaftlicher Fehler herausstellen.
In seiner isolierten Lage war das Verhältnis Soests zu ihren neuen Herren von sehr weitgehender Selbstverwaltung geprägt, ein scheinbare "Freiheit", die misslang.

War die Stadt Anfang des 15. Jahrhunderts mit 10.000 bis 12.000 Einwohnern noch die größte Westfalens, verringerte sich nun die Bevölkerung dramatisch und aus einer blühenden Handelsstadt wurde eine unbedeutende Ackerbauernstadt.

Eine totale Umorientierung brachte schließlich die Reformation, die Soest mit den ersten Schriften 1525 erreichte. Der Widerstand der altgläubigen Stiftsherren wurde mit Gewalt gebrochen, per Ratsbeschluss 1533 schließlich eine neue Kirchenordnung verabschiedet.

Diese gewaltigen Veränderungen machten sich natürlich auch auf dem Lande bemerkbar.
Die Abhängigkeit der Dörfer um Soest wurde immer stärker, die Zwangsmaßnahmen der Stadt entsprechend deutlicher und drastischer. Das Stadtsäckel wollte auch damals gefüllt sein.

 

Vogelschießen und Bier, eine alte Tradition

Die Quellen berichten nämlich von "Schatzungen", die in unregelmäßigen Abständen und je nach Bedarf und aus den unterschiedlichsten Gründen bei der Landbevölkerung erhoben wurden.
Zur Bekanntgabe und Begründung solcher "Schatzungen" wurde die Bauernschaft in den Soester Ratshof zitiert.

Darüber hinaus war die Landbevölkerung zu Hand- und Spanndiensten beim Wege- und Landwehrbau verpflichtet. In Kriegszeiten mussten Gespanne gestellt werden, eine besonders starke Last für die Landbevölkerung, waren Pferd und Wagen doch meist verloren.
Trotz dieser Dienste standen den Bördedörfern nur geringe Rechte zu. Keine Selbstverwaltung in der geringsten Form, kein Wahlrecht und wenn es um die gesundheitliche Versorgung ging, standen die (bescheidenen) Soester Einrichtungen nur der Stadtbevölkerung offen. Auf dem Lande mussten sich die Kirchen engagieren.

Neben den vielen anderen Diensten, wie z.B. die Brandbekämpfung, waren die Bewohner Hattrops auch zum Waffendienst verpflichtete :

 "Daß sich ein jeder mit gudter rustung gefaßt mache",  heißt es 1574.

Ferner wurden die Männer zu Wehrübungen herangezogen, sodass man bei der Nennung Hattrops im städtischen Rechnungsbuch von 1582 von der ersten Erwähnung des "Schützenverein Hattrop" bzw. eines Vorläufers ausgehen kann:

"Den Burschafften uff Ire Schulzerei:
Am 9 Junyi dennen von Hattrop uff Ir Vogelscheiten vor ein thon (Fass) biers geben ..."


Diese Übungen sollten die Hattroper letztlich einsatzfähig machen für immer wieder einen nächsten Krieg in den folgenden verheerenden Jahrhunderten.
Mit welchem Erfolg beschreibt ein Zeitzeuge :

…die Börde öd und unbewohnt gestanden ...

 

 1444 - 1449    Soester Fehde , deren Ende noch nicht Frieden bedeutete und deren wirtschaftlichen Folgen imens waren

1568 - 1648    Niederländischer Unabhängigkeitskrieg,
dessen Kampfhandlungen und  Kriegsauswirkungen bis hierher getragen wurde.

1618 - 1648    Der 30jährige Krieg,
wobei die Region besonders in den Jahren 1622 und 1636 in Mitleidenschaft gezogen wurde.

1672 - 1679    Holländischer Krieg,
in dem 1673 Soest und Umgebung unter den Franzosen zu leiden hatte

1756 - 1763    Der 7-jährige Krieg,
mit der bekannten Schlacht bei Vellinghausen und an dessen Ende die Börde nur noch von ca. 8000 Menschen bewohnt war.

 

Hatten die Soester die Möglichkeit , zumindest in den Zeiten, als die Schusswaffen noch nicht die durchschlagende Bedeutung besaßen, sich hinter den Wällen der Stadt zu verschanzen, so traf die Landbevölkerung  jedes Mal die volle Wucht des Krieges und seiner Grausamkeiten.
Zerstörung, Verarmung und Not waren die Folgen, wie die Chronisten berichten.

 

So aus dem 7jährigen Krieg eine Liste aus 1758 über die materiellen Verluste auf Hattroper Höfen :

Mersmann: 1 Fuder Weizen, 1 Fuder Gerste, 1 Fuder Roggen,2 Fuder Erbsen und Wicken, 2 Fuder Hafer, 1 Fuder Heu/Stroh, Federvieh, 10 Fuder Holz.
Wegge: 1 Fuder Gerste, 8 Fuder Erbsen und Wicken, 4 Fuder Hafer, Mobilien und Effekten, 10 Fuder Holz.
Henrichs: Federvieh, Victualien, Effekten u. Mobilien,12 Fuder Holz.
Wilms: 4 Fuder Weizen, 6 Fuder Gerste, 7 Fuder Erbsen und Wicken, 3 Fuder Hafer, 2 Schweine, Federvieh, Effekten und Mobilien.
Jostes: 4 Fuder Weizen, 6 Fuder Roggen,8 Fuder Gerste,7 Fuder Erbsen und Wicken, 5 Fuder Hafer, 1 Kuh, 2 Schafe, Federvieh, Effekten und Mobilien im Wert von 103 Reichstalern.
Brotte: 12 Fuder Weizen, 10 Fuder Roggen, 4 Fuder Gerste, 8 Fuder Erbsen und Wicken, 6 Fuder Hafer, 2 Kuhe, 6 Schweine, 2 Schafe, Federvieh, Victualien, 38 Fuder Holz.
Schulze-Ardey: 11 Fuder Weizen, 21 Fuder Roggen, 7 Fuder Gerste, 6 Fuder Erbsen und Wicken, 2 F
uder Hafer, 6 Schweine,3 Schafe, Federvieh, Effekten u. Mobilien, 5 Fuder Holz.
Cordes: 1 Fuder Heu/Stroh, 1 Kuh, 1 Schwein, Federvieh, Effekten u. Mobilien, 6 Rthl. Bargeld.

(Quelle: Stadtarchi
v Soest)

 

Große Verluste erlitten auch die Viehbestände.
So verloren die Hattroper Bauern im  7-jährigen Krieg  insgesamt 54 Pferde, 142 Stück Rindvieh und 3o Schafe.

Die Versuche des Landesherrn Friedrich II. (der Große), der Landbevölkerung zu helfen, trugen nur geringe Früchte, heißt es doch in einem Bericht über den Hof Wegge:
"Hof abgebrannt, Witwe konnte wegen großer Schulden den Hof nicht bebauen. Erbherr h at neues Gebäude errichten lassen und den Hof zur besetzung ausgeschrieben, doch bisher ohne Erfolg."

Was der Krieg nicht vernichtete, holten sich Missernten, Seuchen und Brand.
Unsägliches Leid brachte die Pest 1597/98 , als 3611 Menschen in Soest und der Börde dem Schwarzen Tod erlagen, durch einen Großbrand im Jahre 1784 wurden 27 Gebäude Hattrops vernichtet.

 

Vom Schulzen und vom Kötter, vom vollen und vom halben Bauern 

Schon im Mittelalter hatte man, um die oben erwähnten Abgaben an die Stadt Soest aufs Genaueste und nach Recht und Gesetz eintreiben zu können,
ab 1532 das "Schatzungsregister" eingeführt.

Ab 1685 entstand das Bördekataster, das genauere Angaben zu die Besitzverhältnissen der einzelnen Bauern machte.

Nimmt man die Kirchenbücher von St. Pertri und das Urkataster aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts hinzu,
so lässt sich ein ziemlich genaues Bild über die Situation der Hattroper Höfe vom 16. Jahrhundert
bis zur „Bauernbefreiung“ in Preußen (abgeschlossen 1850) zeichnen.

Die Besitzverhältnisse wiesen die Zugehörigkeit und die Rechte im Dorf aus.   
 
 
Schulze Vollbauern Halbbauern Kötter UrkatasterZahlen
1 Schulte 2   Böckelmann 6   Brotte 14  Twietenhoff

3   Bierbrod 7   Renner 15  Böbbis

4   Potthast 8   Wilms 16  Wegge

5   Bahn/Troclus 9   Henrichs
17  Lips

 

 Ausführliches über bäuerliche
"Standes"- Begriffe 
finden Sie hier

10 Tigges 18  Reinecke
11 Küchenhoff 19  Mersmann
12 Joistes
13 Cordes

Es sind die Hofesnamen,  nicht die der heutigen Besitzer genannt.  Die Nummerierung bezieht sich auf die Urkataster-Karte von 1827.
 
Fast alle Hofstellen sind bis heute erhalten geblieben , auch wenn es durch die Zeiten erhebliche Um- und vor allem Neubauten gab.
 

.... aber zweigeteilt ?   -  niemals !   (?)
 

MerschFotoMerschKarte2

Da die Stadt Soest in der Zeit zuvor das Handwerk auf den Dörfern nicht zuließ, begannen sich erst ab ca. 1750 , neben bereits ansässigen Köttern, erste Handwerker und Dienstleister mit ihren Familien auf der Nordseite des Baches anzusiedeln.

Die Bauweise der kleinen Häuser ist typisch, neben dem oft bescheidenen Wohnraum die Werkstatt und der Stall für etwas Vieh, auch der Garten zur notwendigen Selbstversorgung  ist selbstverständlich, er hat teilweise noch heute Bestand.

HausVock

 

 

 

Ein Bäcker und gleichzeitig Kolonialwarenhändler stellt nun die Versorgung des Dorfes sicher, eine Schneiderfamilie kleidete über mehrere Generationen die Hattroper, ein Maler bot seine Dienste an und Schmied, Sattler und Stellmacher arbeiteten für die Landwirtschaft. Hinzu kommen andere Handwerke.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts nehmen die ersten Eisenbahner hier Wohnung, dann auch Straßenwärter.
Erst eine, später zwei Kneipen bieten bescheidene Zerstreuung.

 

HausBueckerHauskuptzHausSchulze2HausHirschmannAuf dieser Dorfseite müssen als Bewohnern auch die weiteren Mitglieder der alten Bauern- oder Kötterfamilien (Kleinbauern) eingerechnet werden, auch „Brinksitzer“ und „Einlieger“, die mehr schlecht als recht über die Runden kamen.

Auch eine nicht geringe Zahl an Bediensteten der großen Höfe wohnten hier. Die (noch) unverzichtebaren Knechte und Mägde lebten  auf dieser Dorfseite, auch Tagelöhner, die sich auf den Höfen verdingten. Hinzu kamen Kuh- und Schweinehirten, die die Tiere auf dem Gemeindegrund hüteten.

 

hausSchlechtHausRochollHausHohofHausSchafHaus_Mller_copy

 

 

 

 

 

 

So entstand (scheinbar) nach und nach eine räumliche Zweiklassengesellschaft, siedelten die "kleinen Leute" doch  vornehmlich im Bereich des „Mersch“ auf der Nordseite des noch nicht regulierten Soestbachs, damit aber auch in dessen Überschwemmungsgebiet.
Allmählich steigt die Einwohnerzahl Hattrops, von 272 im Jahre 1818 auf 316 im Jahre 1858.

Anm.:  Die Fotos stammen aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts und zeigen die meisten Häuser nahezu in ihrem Urzustand, bevor die Gebäude nach dem 2. Weltkrieg  in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs  "modernisiert" wurden.

 

 

Die Wirren der Kriege brachte im Endergebnis für die Hattroper nicht nur immer wieder große Verluste, auch einen Wechsel in den Herrschaftsverhältnises hatten die polischen Streitigkeiten meist zur Folge:

Regiert von Erzbischöfen, Grafen, Königen und Kaisern ...

War seit der Karolingerzeit der Erzbischof von Köln stringenter Herrscher über Soest und seine Dörfer, so kam die Stadt durch die „Soester Fehde“ in den Herrschaftsbereich des Herzog von Kleve beziehungsweise der Grafschaft Mark.

Die Börde-Dörfer waren zu jener Zeit und blieben stets in strenger Abhängigkeit zu Soest.



Nach dem 30jährigen Krieg gelangte 1614 die Grafschaft Mark, und damit auch Soest,  durch einen Erbvergleich zur Markgrafschaft Brandenburg, hatte aber für Brandenburg geopolitisch im wahrsten Sinne nur eine Randlage, dem entsprechend war die politische bzw. wirtschaftliche Bedeutung unseres Gebeites gering.
preuenwapDie Mrkgrsch. Brandenburg wiederum vereint sich 1618 mit Preußen und geht 1701 ganz im neu gegründeten Königreich Preußen auf.
So schlummerte die Börde über fast 150 Jahre in seiner Randlage im Durcheinander des >Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation< dahin.


 

Nach der Niederlage Preußens und seiner Verbündeten gegen das von Napoleon ausgerufene Kaiserreich, gelangte diepolitische Exklave um Soest 1807 durch den Frieden von Tilsit unter die Herrschaft Frankreichs. lautsprecher

Die alten Verwaltungseinheiten der zerstückelten Herrschaftsstrukturen im Deutschland  der Grafen, Herzöge und Könige wurden aufgehoben und im neu konstruierten Großherzogtum Kleve und Berg französische Gebiets- und Magistratsstrukturen eingesetzt.

Erstmals Unabhängigkeit von Soest

Dadurch erlangten, als Commune nach französischem Vorbild, Hattrop und die anderen umliegenden Dörfer zum ersten Mal eine gewissen Freiheit und Eigenständigkeit  und  die politische Unabhängigkeit von der Stadt Soest.

Die Grafschaft Mark wurde dem Großherzogtum Berg angegliedert, aus dem ein napoleonischer Musterstaat werden sollte.
Dazu schuf man nach französischem Vorbild das "Département Ruhr", darin wiederum das "Arrondissement Hamm," dazu gehörte wieder der "Canton Soest" mit den "Mairien" in Soest, Lohne, Borgeln und Schwefe (siehe spätere Bezeichnung "Amt Borgeln-Schwefe") . Dieses Gefüge kontrollierte von oben nach unten.

Landesherr im Auftrag Napoleons war als Großherzog offiziell Joachim Murat, ein Schwager des französischen Kaisers.


 

Nach den Befreiungskriegen und der Niederlage Napoleons endete das französische Zwischenspiel und die Börde kam 1813 wieder zu Preußen.lautsprecher
Die ehemalige Grafschaft Mark ging in der Provinz Westfalen auf. 

Die weit reichende Reformen unter König Friedrich Wilhelm III. hatte einschneidende Veränderung in Verwaltung und Gesellschaft zur Folge. Es entstanden die  Povinzen, Regierungsbezirke, Kreise und Ämter als Verwaltungsgrößen, ähnlich denen zu Zeiten Napoleons.

Die schon 1809 eingeleitete Agrarreform verändert nun auch in Westfalen die Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse der Höfe (untereinander), über die Jahrzehnte der Reformen wurde aus einer fast rein auf Getreideproduktion ausgerichteten eine vielschichtig, marktwirtschaftliche orientierte Landwirtschaft.
Besonders die Vieh- und Pferdezucht wurden intensiviert, Milch und Zuckerrüben sollten später die weiteren Standbeine der Hattroper Höfe werden.

 

... dann endlich eigenständig, Prinzip Preußen

Entscheidene Veränderungen vollzogen sich in Preußen ab 1841. Federführend vom Freiherrn vom und zum Stein entworfen, wurden weitere Verordnungen für das gesamte öffentliche Leben im Königreich erlassen.
Die „Landgemeindeordnung“, die nun wieder allen Gemeinden unter 2500 Einwohnern eine Selbstverwaltung zusicherte, ließ Hattrop zur eigenständigen Gemeinde werden.
Jetzt hatten allerdings wieder, anders als nach ehemaligem französischen Recht, einzig die "Großbauern" ein Stimmrecht.

AltkreisBorgelnSchwefe

In den 1850er Jahren kam mit dem Dreiklassenwahlrecht die noch junge und unfertige Demokratie aufs Land. Wie landesweit entschied auch weiterhin in Hattrop das Vermögen und die Steuerleistung der einzelnen Bürger über deren Stimmgewicht bei der Gemeindewahl.

Das Verwaltungssystem war hierarchisch geordnet.
Die neu eingerichteten Kreise (Kreis Soest) und Ämter (Amt Borgeln-Schwefe) hatten die Aufgabe, die kommunale Selbstverwaltung zu kontrollieren und zu koordiniern.

WappenHattrop   
Mit der so erlangten Eigenständigkeit hatte sich die > Gemeinde Hattrop <  nun selbst um die Belange der Bürger zu kümmern, nicht immer ohne Probleme, wie die Protokolle ausweisen.
So musste die Gemeinde für die Schule, erstmalig erwähnt 1685, und die Lehrerwohnung sorgen, 1880 wurde die Ausweisung eines Lehrergartens mit der Anlage eines gemeindeeigenen Friedhofs verbunden, das erste Spritzenhaus wird gebaut . Das Straßenwesen war Aufgabe der Gemeinde, genauso wie die Versorgung der Bedürftigen, in dieser Zeit vor Einführung der allgemeine Sozial- und Arbeizslosenversicherung.

 

Unter diesen Vorgaben weist die Statistik des Kreis Soest für das Jahr 1881 in der Gemeinde Hattrop 48 Wohngebäude aus und gibt 262 Einwohner an, auch ein Gemeindevermögen von einem Spritzenhaus, ca. 6 ha Grundbesitz und einem Gemeindekapital von 2505 Mark .

Auf der Ausgabenseite errechnen sich 4818 Mark:
247 Mrk. für allgem. Administration, 1446 Mrk. für Unterricht, 298 Mrk. für das Armenwesen, 1685 Mrk. für die Unterhaltung von Straßen und Wegen und 1142 Mrk. für Sonstiges.

 

 

Unter Volldampf in die Moderne

Mit der Anbindung Soests an das entstehende Eisenbahnnetz beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts auch in der Börde der Einstieg in das Industriezeitalter.

 

Reisekarte
Zunächst wird 1850 von der Königl.-Westfälischen Eisenbahngesellschaft die Strecke Hamm – Soest – Paderborn gebaut, im Jahre 1855 erfolgt die Vernetzung nach Unna und Dortmund durch die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft.
Soest wird für die, auch damals schon vorhandenen, verschiedenen Bahnbetreiber zu einem wichtigen Knotenpunkt.


Mit dem Bau der Linien entstehen neue Arbeitsplätze, es werden in der Folge in Hattrop Häuser für die und von den Bahnangehörigen  gebaut. Der Gemüsegarten gehört dazu, im kleinen Stall steht die "Kuh des kleinen Mannes", eine Ziege. Der tägliche Fußweg  von Hattrop zur Arbeit auf dem Soester Bahnhof, immer entlang der Strecke, war damals normal.

 

Als ein weiters Zeichen für eine gewisse Wandlungen, die sich am Ende des 19. Jahrhunderts auch in Hattrop vollzogen, mag der Aufbau der Hattroper Ziegelei gelten.
Als zusätzliche Einnahmequelle in einer sich entwickelnden Wirtschaft begann es zunächst mit einem einfachen Feldbrandofen, der notwendige Lehm stammte vom eigenen Grund. Die gute Nachfrage ließ relativ schnell einen großen Ringofen folgen, Wanderarbeiter aus dem Lipperland waren die Ziegelmeister.
Der hohe Schornstein wurde zu einer Art Wahrzeichen für das sich entwickelnde Dorf.

Die in Hattrop gebrannten Steine fanden nicht nur in den Nachbargemeinden einen guten Absatz, sondern auch am Ort. So ist um die und nach der Jahrhundertwende eine rege Bautätigkeit zu verzeichnen.

Hatte man bisher die Ziegel im Fachwerkbau verwandt, wurden jetzt eine Reihe von Bauernhöfen und deren Ställe völlig neu in reiner Ziegelbauweise errichtet, viele alte Fachwerkgebäude mussten dazu weichen oder wurden umgenutzt. Auch außerhalb der Hofstellen entstanden nun bei den "kleinen Leuten" während dieser Phase etliche Häuser aus Hattroper "Backsteinen".

Bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs hinein wurde noch produziert, da aber die meisten jungen Männer zu den Waffen gerufen wurden, lief die Herstellung der Hattroper Ziegel wegen Personalmangels aus.
Nach und nach verfiel der Ringofen und letztendlich wurde der stolze Schornstein 1968 gesprengt.

 

Größer, stärker, schneller ...

Die Zeit mit Beginn des 20. Jahrhunderts ist geprägt von technischen Erfindungen und Neuerungen.
Die Dampfmaschinen aus dem vorherigen waren aber immer noch der Antrieb des neuen Jahrhunderts.

 
Urtümliche Geräte wie Lokomobile fauchten durch die Börde und während die einen Bauern noch mit ihren Pferden die Dreschmaschinen antrieben, brachten auf anderen Höfen schon große Transmissionen die Kraft der Dampfmaschinen zu den Dreschkästen.

Es zeigte sich wie immer schon, die finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Höfe wurden am Einsatz neuer Technik deutlich.
  
  
Die alles entscheidende
Frage hieß:

Muskel
oder
Maschine
   
  

  

Manch hoch gelobte Erfindung, wie der Raupenschlepper, konnte sich am Ende nicht durchsetzen, dagegen fand der Mähbinder in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen breitesten Zuspruch, konnte er doch Menschen- und Pferdekraft auf dem Felde ersetzen und die Erntezeiten verkürzen.

Letztlich setzten sich seit den 40er Jahren, verstärkt nach dem Krieg, auch bei den Landmaschinen der Diesel- und der Otto-Motor durch, so zog schließlich der klassische Traktor den ersten Mähdrescher durch die Hattroper Flur.

 

Auf den Feldern herrschte Technik-Euphorie, nachdem nach und nach mehr die Bedenken gegenüber den immer schwerer werdenden Maschinen schwand.
Ihr Einsatz wurde so zur Glaubens-, genau so schnell aber auch zur Markenfrage:

 

 
Das Pferd aber, das über Jahrtausende der Helfer des Menschen gewesen war und von denen es in bis zu 77 Tieren im Ort gegeben hatte, verlor zunehmend an Bedeutung und verschwand letztendlich fast ganz.
Die Pferdestärken holte man nun aus dem Öl und der "Dreschkasten"  lief ab jetzt mit Kraftstrom.

Seit 1922 war das Dorf mit Strom versorgt, ein weiterer wichtiger Schritt in die Moderne mit seinen immer schnelleren Veränderungen, nicht nur für die Landwirtschaft
  
 
Dieser rasante Siegeszug der Technik wird jedoch zweimal jäh unterbrochen und gebremst.

 

ehrenmal Größenwahn verwüstet Europa und die Welt.

 Wieder Kriege.
 
Stolze Männer unseres kleinen Dorfes kämpfen gegen stolze Männer fremder kleiner Dörfer.
Warum und wofür eigentlich? Das Ende ist bekannt.
Doch ihre illusionären Zukunftsvisionen hatten eigentlich anders ausgesehen.
Lang ist die Liste derer, die die geliebte Börde nicht wieder sahen.
Das Ehrenmahl nennt die Namen der Gefallenen und Vermissten der Kriege der Neuzeit.
 
  
  
 
Doch das Dorf an sich hatte eigentlich, anders als die vielen Male in seiner Geschichte zuvor, Glück in diesem letzten Krieg.

Direkte Kampfhandlungen, als sich der Ruhrkessel 1945 schloss, sind nicht überliefert und auch von größeren Zerstörungen blieb der Ort doch weitgehend verschont, sieht man von der einen amerikanischen Granate ab, die einen Kuhstall traf.

Das nicht weit entfernte Soester Eisenbahngelände glich schon im Krieg einer Kraterlandschaft, die Stadt selbst war in großen Teilen zerstört.
Mag es Zufall oder Fügung gewesen sein, von den unzähligen Bomben, die den nahen Gleisen galten, traf keine den Ort.

 

 

  Zeiten des Neubeginns

Da es aber hier den noch entsprechend nutzbaren Wohnraum gab, hieß es im und nach dem Kriege zusammen zu rücken.

- Einquartierung -

Waren es im Krieg die aus dem Ruhrgebiet Evakuierten, so stiegen nach dem Krieg durch Flüchtlinge und Heimatvertrieben die Einwohnerzahlen rapide bis über die heutige Marke an.
Menschen mit verschiedensten Historien und Schicksalen auf engstem Raum

- nicht immer problemlos.

 

 

  Wieder demokratische Verhältnisse

Schon in der Nachkriegszeit stellte sich die Frage der „Integration“, auch wenn man es noch nicht so nannte, lebte doch mittlerweile die Kindergeneration der Flüchtlinge und Vertriebenen im Ort.
Es hieß, "Fremde" im Dorf nicht nur leben, sondern auch mitleben zu lassen.
Mit diesen und vielen anderen Problemen der Nachkriegszeit hatte sich der wieder frei gewählte Gemeinderat und der Bürgermeister der noch eigenständigen Gemeinde bei auch damals schon knappen Kassen zu befassen.

Dennoch war auch seinerzeit schon „Investition in Bildung“ eine Selbstverständlichkeit.

So entschlossen sich 1958 die Hattroper, das in die Jahre gekommene Schulgebäude zu schließen und an anderer Stelle eine nach damaligen Maßstäben moderne „Volkschule“ zu errichten.

 

 

Heute kaum vorstellbar, dass auch noch in den Sechszigern meist nur eine hauptamtliche Lehrperson das 1. - 8. Schuljahr in einem Klassenraum unterrichtete.
Als 1966 im Zug der großen Schulreform in NRW die Hattroper Schule geschlossen wurde, begann für damals 43 Schüler und Schülerinnen die Zeit der Schulbusse, die die Kinder zu gemeinschaftlichen Grund- und Hauptschulen („Mittelpunktschulen“) zusammenkarrten.
Das Schulgebäude wurde ab Ende der 60er Jahre vom sich etablierenden Kindergarten genutzt, im Dachgeschoss hatte sich die noch existierende Landjugend einen Dorftreffpunkt hergerichtet.

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Napoleonische und Preußische Reformen hatten den Hattropern politische Freiheit von Soest gebracht, weit über 100 Jahre hatte die gemeindliche Selbstverwaltung in Hattrop Bestand.  Wohl nach bestem Wissen und Gewissen hatten die verschiedenen Gemeinderäte geschaltet und gewaltet.

     Neu (zu-) geordnet

Friedhof

1969 beschloss man bundesweit die Kommunale Neuordnung“, die das Dahinscheiden der "Gemeinde Hattrop" bedeutete und den Ort wieder in die Abhängigkeit von Soest fallen ließ:

wahlplakatAus der eigenständigen Gemeinde wird ein Ortsteil, statt des Gemeinderates wählt man nun den Stadtrat, der gemeinsam geschaffene Besitz aller Dorfbewohner fällt dem Stadtsäckel zu und die Freiw. Feuerwehr Hattrop wird zur Löschgruppe.                     
Die Pflegearbeiten auf dem Hattroper Friedhof werden allmählich vom "Friedhofs-Club" auf die städtischen Gärtner übergehen und die alteingesessenen Familien des Ortes müssen ihre vor Generationen erworbene letze Ruhestätte nun noch einmal für immer wieder 25 weitere Jahre mieten.

Über den dörflichen Probleme brühten Kommunalbeamte, die für das  Dorf zu treffende Maßnahmen werden von Bürgern aus der Soester Innenstadt entschieden und den Bürgermeister und den Rat repräsentiert ab jetzt ein Ortvorsteher.

 

Ortsschild     Hat(te) der Hattroper wirklich eine Wahl ?    Wohl kaum, denn nicht nur das Ortsschild, 

das " Dorf "  allgemein  verändert sein Gesicht 

Seit ewigen Zeiten war das Leben landwirtschaftlich geprägt, der Jahreslauf von Saat und Ernte bestimmte von je her den Rhythmus des Dorfes. So gab es nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Dorfkern immerhin noch 16 landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb.

Zunehmend deutlicher wurden dann aber in den 60er und 79er Jahren des vorigen Jahrhunderts die starken Veränderungen im agrarischen Bereich, immer schwerer gestaltete es sich für die Landwirte, auf den oft kleinen Ackerflächen trotz guter Erträge auf den hervorragenden Bördeböden ein erträgliches Einkommen zu erwirtschaften.
So machte das allmähliche „Höfesterben" auch vor den Hoftoren in Hattrop nicht Halt.

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Die Nachfolgegeneration wandert in andere Berufe ab, zunehmend mehr Höfe werden nicht mehr bewirtschaftet.
Die Ländereien gehen in Pachtland über, wenige Höfe werden größer, auf der Mehrzahl der Hofstellen tritt nun ungewohnte Ruhe ein.

Andere Gehöfte werden gewerblich umgenutzt, vornehmlich Fachwerkbauten erfahren einen Umbau zu Wohnungen und Wohneinheiten.
Städter ziehen aufs attraktive Land.

 
Über die Jahrzehnte hat sich so nach und nach, fast unbemerkt, auch die Bevölkerungsstruktur verändert.

 
Die alten Zeiten sind vorbei
Dorf1970Dorf2005War einst der Großteil der allgemeinen Dorfbevölkerung mit der Landwirt verbunden und auch von ihr wirtschaftlich abhängig, lebten im beginnenden 20. Jahrhundert noch die verschiedensten Handwerker in Hattrop.
Ihre Auftragslage stand in direktem Zusammenhang mit den landwirtschaftlichen Betrieben und deren finanziellen Möglichkeiten. Die Produktpalette war dorfbezogen.
Mit dem langsamen Höfesterben und der allmählichen Öffnung des Dorfes zu den Angeboten der Stadt ging folglich auch ein langsamer Niedergang des dörflichen Handwerks einher.

Als gegenläufige Entwicklung eröffnen im Laufe der Jahrzehnte verschiedenste klein- und mittelständische Unternehmen ihre Geschäfte im Ort.
Teilweise bilden die freigewordenen Hofstellen oder  Ländereien die Grundlage der neuen Existenzen.
 
← Ein Wechsel vom agrarischen zum Handwerks- und schließlich zum Dienstleistungsbereich beginnt. →
  
Die Motorisierung und Technisierung, die immer breiter werdende Mobilität des Einzelnen, verkürzte zudem immer mehr die Distanz zwischen Dorf und Stadt, Versorgung und Freizeit geschehen nun im Oberzentrum mit den verführerischen Überangeboten.
 

 
Kein Wunder, dass sich der örtliche Kaufmann und Bäcker bereits 1973 der Konkurrenz des Soester Einkaufszentrums beugen musste, dass die alteingesessenen Kneipen mit den modernen Freizeitangeboten einer Stadt nicht mithalten konnten.

Als im Jahre 1987 sich nach über 100-jähriger Tätigkeit die Türen der seinerzeit ersten, jetzt  letzten Gastwirtschaft schlossen, gab es in Hattrop kein „Kommunikationszentrum“ mehr.

 

Mochten auch die Erwerbsgrundlagen im Ort gewechselt haben, so funktionierte dennoch ein reges Vereinsleben.
Aber ohne einen geeigneten Versammlungsort ?

 

Aus dieser Not heraus schlossen sich die unterschiedlichen Vereine des Dorfes zum Hallenverein zusammen,  um gemeinsam ein Haus für alle Bürger zu bauen.
Mit öffentlichen Mitteln, erheblichen Vereinsvermögen und unter tatkräftiger Mithilfe vieler Hattroper , konnte man, nach nahezu vollkommen erbrachter Eigenleistung, 1991 die Gemeinschaftshalle einweihen.

 

 
 
Einschneidende Maßnahmen

Moderne Zeiten haben Einzug gehalten, die Lebensqualität für die nächsten Generationen soll weiter wachsen.
Vor diesem Hintergrund beeinflussen Baummaßnahmen den Ort.

Von 1993 -1997 gleicht Hattrop in verschiedenen Bauabschnitten nicht nur einer Großbaustelle, Hattrop ist eine.

Bagger graben sich in das Schwemmland des Soestbachs, unzählige LKW-Ladungen verschiedenster Bodenschichten werden bewegt und fortgeschafft.

Der Torf, auf den man in großem Maße stößt, findet seine Bestimmung in den Moorbädern des nahen Heilbades von Bad Sassendorf.

Straßen werden aufgerissen, teils gewaltige Beton-Rohre verlegt, Sammler in mehreren Metern Tiefe gebaut.

Hattrop erhält eine Mischwasser-Kanalisation und das dazugehörige Regenrückhaltebecken.

Die Zeiten der hauseigenen Kammergruben und so genannten Kleineinleiter sind vorbei und mancher Bewohner freut sich, trotz aller Unannehmlichkeiten und angefallenen Kosten, letztendlich doch wenigstens über wieder gut zu befahrene Straßen.

Gleichzeitig ist, Europa- und bundesweit geplant, die Bahnstrecke Hamm-Paderborn auch dazu auserkoren,  Intercity-Zügen kreuzungsfrei die rasante Fahrt durch Deutschland zu ermöglichen.

 

Der innerörtliche Bahnübergang ist, wie viele andere dieser Strecke, diesem Projekt im Wege. So werden, nach langen Diskussionen über die Standortfrage, 1996/97 wieder unzählige Lkw-Ladungen Bodens angefahren, um in einem Aufschüttungsprojekt eine Brücke über die Gleise, unweit der alten Überwegung, entstehen zu lassen.

Der ICE-Verkehr hat in seiner geplanten Hochgeschwindigkeits-Form bis heute nicht stattgefunden, das Dorf ist aber durch diese Baumaßnahme geteilt.

1996 konnte der Schützenzug zum letzten Mal den alten Bahnübergang queren und den „Goldberg“ auf kurzem Wege besuchen.

Den Bewohner nördlich der Trasse bleibt heute nur ein erheblicher Umweg zu den Nachbarn.

 

 

     

   Hattrop, ein "Schlafdorf" ?

Die Erwerbstruktur hat sich im Laufe der Zeiten drastisch geändert, Dienstleistungsangebote, vornehmlich für die Stadtbewohner und nicht mehr für die Landwirtschaft, sind die bescheidenen wirtschaftlichen Größen des Dorfes. Der Großteil der Hattroper geht seiner Beschäftigung in der Stadt oder an ferneren Orten nach.
Morgens verlässt man den Ort, die Kinder sind in Kindergarten und Schule versorgt. Berufsverkehr.
Nach getaner Arbeit kehrt man zurück, genießt den Abend mit der Familie, mit den Nachbarn oder Freunden, gelegentlich im Verein. 
Ein typisches „Schlafdorf“.

Aber wohl kein verschlafenes Dorf, denn Hattrop scheint durchaus attraktiv gewesen und geblieben zu sein.

Die nachfolgenden Generationen versuchten meist im Ort zu bleiben, Städter zog es aufs Land.

So hat sich die bebaute Fläche des Ortes in über hundert Jahren wohl auf das Doppelte ausgeweitet, die Einwohnerzahl hat die 500er Marke längst überschritten.
Diese Entwicklung vollzog sich nach und nach, an den  jeweilgen Baustilen der Gebäude sind verschiedene Bauphasen erkennbar.

Es entstanden keine reinen Baugebiete, dennoch veränderte die „Lücken- und Randbebauung“ zunehmend das gesamte Dorfbild:

Einfamilienhäuser neben den erhaltenen, stilvoll zu Wohnungen umgenutzte Fachwerk- und Bauernhäusern, eingebettet in einen beispielhaften Baumbestand.
 

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Es ist nicht mehr das gute, alte  „Dorf“ , das man hier und heute vor Augen hat, von dem man vielleicht träumt, das es aber auch so nie wirklich gegeben haben mag.
Es scheint
bis heute aber immer wieder viele gute Gründe gegeben zu haben, in diesem Dorf Hattrop zu leben, in ihm zu wirken und seine schöpferischen Spuren zu hinterlassen.

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Mein Dank gilt unserem Ortsheimatpfleger und "Mundart-Fachmann" Heinz Brinkmann, meiner Mutter und allen Andern, die durch ihre bereitwilligen Auskünfte, Informationen und Tipps diese Zusammenstellung möglich gemacht haben.
Dem Administrator von hattrop.de  Dank für seine Geduld und technische Mithilfe.

Sollten sachliche Fehler in diesem Artikel enthalten sein, bitte ich dieses zu entschuldigen. Über eine kurze Nachricht würde ich mich freuen.

WiKu  / 2009/10

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Emfohlene Internet-Seiten: 
www.meiningsen.de

www.heimatverein-greven.de/sachsenhof

 

Quellen:

- M. Koske, H. Brinkmann : Aus 800 Jahren Hattroper Geschichte , Soest 1986
- S. Kuptz : Die Entwicklung der Siedlungsstruktur in einem Soester Ortsteil, Soest 2003
- Protokollbücher der Freiwilligen Feuerwehr Hattrop
- Internetportal Wikipedia   

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